Von der Professionalisierung der Betreuungsarbeit

Die Betreuung umfasst alle Tätigkeiten, die erforderlich sind, um die Angelegenheiten des Betreuten rechtlich zu besorgen, § 1901 Abs. 1 BGB. Das Betreuungsgericht bestellt eine natürliche Person, die geeignet ist, in dem gerichtlich bestimmten Aufgabenkreis die Angelegenheiten des Betreuten rechtlich zu besorgen und ihn in dem hierfür erforderlichen Umfang persönlich zu betreuen, §§ 1901 Abs. 1, 1897 Abs. 1 BGB. Betreuungen werden immer schwieriger zu führen, die Zahlen psychischer Erkrankungen nehmen zu. Die behördlichen Angelegenheiten werden immer komplizierter. Um die Betreuungsaufgaben zum Wohle des Betreuten wahrzunehmen, bedarf es unter vielen anderen umfassender Kenntnisse in medizinischen und psychologischen Angelegenheiten sowie in Sozialversicherungsangelegenheiten. Betreuer benötigen viel Fachwissen und Erfahrung, um die Angelegenheiten des Betreuten wahrnehmen zu können. Die Professionalisierung der Betreuungsarbeit muss deshalb fortgesetzt werden. Wer Betreuungen führt, weiß das. Gegen die Professionalisierung der Betreuungsarbeit werden allerdings die von Herrn Staatsminister Prof. Dr. Bausback beim 5. Bayerischen Betreuungsgerichtstag am 27. Oktober 2015 in Nürnberg geäußerten Darlegungen vorgebracht über den „legitimen Anspruch der öffentlichen Haushalte, eine weitere Kostenexplosion im Betreuungsrecht zu verhindern.“ Dafür sprächen neben den fiskalischen auch in der Sache liegende Gründe: „Nicht ohne Sorge sehe ich eine Tendenz in Richtung einer zunehmenden Professionalisierung der Betreuerleistung. Eine Tendenz dahin, dass Betreuerleistungen eine umfassende, professionelle rechtliche Interessenwahrnehmung umfassen sollen – mit den entsprechenden Folgen für die Vergütung. Dafür ist die rechtliche Betreuung aber nach meiner festen Überzeugung und nach dem Leitbild des Gesetzes nicht gedacht. Ihre Aufgabe ist es vielmehr, dem Betreuten soweit machbar zu ermöglichen, am Rechtsleben ebenso teilzunehmen, wie dies ein gesunder Mensch tun kann. Auch der gesunde Mensch muss aber für viele Dinge des Lebens professionellen Sachverstand in Anspruch nehmen und gegebenenfalls auch bezahlen. Davon geht auch nach wie vor unser Gesetz aus. Es bestimmt bekanntlich in § 1897 Abs. 6 BGB den Vorrang der ehrenamtlichen Betreuung vor der Berufsbetreuung. Es erteilt damit einer Zwei-Klassen-Betreuung – hier ehrenamtliche und dort professionalisierte Berufsbetreuung eine klare Absage. Mir ist natürlich klar, dass dies ein Punkt ist, über den noch vielfältig und sehr kontrovers diskutiert werden wird.“

 

Diese Äußerungen des Bayerischen Staatsministers verkennen die Betreuerarbeit. Betreuungen werden laufend schwieriger. Von Betreuern werden umfassende Kenntnisse verlangt, erst Recht Berufsbetreuer sind einer umfassenden Haftung ausgesetzt, die Vergütung steht dazu in umgekehrt proportionalem Verhältnis. Ohne eine zunehmende Professionalisierung der Betreuungsleistung sind Betreuungen nicht mehr zu führen. Wie ein gesunder oder kranker Mensch, der Sozialhilfe bezieht, professionellen Sachverstand entgeltlich in Anspruch nehmen will, bleibt das Geheimnis des Staatsministeriums. Betreuungsgerichte verlangen von den Betreuern umfassende Kenntnisse, es werden hohe Anforderungen z. B. an die Vermögensverwaltung gestellt. Betreuer sollen zum richtigen Zeitpunkt richtig reagieren, die Folgen einschätzen, persönliche Kontakte zum Betreuten wahren und dessen Angelegenheiten zu dessen Wohl und nach dessen Wünschen wahrnehmen. Die an den Betreuer und dessen Berufsausübung gestellten Anforderungen sind sehr hoch, nicht umsonst scheitern viele Betreuer an der Aufgabenerledigung. Es sind im Anschluss Berufsbetreuer, die diese Angelegenheiten dann in die richtigen Bahnen lenken und aufarbeiten sollen. Und sie tun dies fachkundig für ein geringes Entgelt. Wenn ich das Wort des Ministeriums aufnehme, so sehe ich nicht ohne Sorge eine Tendenz in Richtung einer fehlenden Achtung der Betreuungsarbeit. Die Betreuungszahlen werden weiter zunehmen, die tägliche Arbeit wird weiterhin komplizierter, die Krankheiten werden komplexer. Professionalisierung der Betreuerleistung ist unbedingt notwendig, um die Angelegenheiten des Betreuten zu dessen Wohl erledigen zu können.

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